Eintrag aus dem „Compendium Creaturarum et Gentium“ – Band IV: Anderlinge und Alte Völker
Verfasst von Magister Ludovic Varell, Fakultät für Rassenkunde, Universität Maribor, 1265 n.N.
Herkunft und Geschichte
Die Zwerge- in ihrer eigenen Sprache die Zerran – zählen zu den ältesten Völkern des Kontinents. Lange vor der Ankunft der Menschen durchstreiften sie die Gebirge und Täler, errichteten Festungen tief im Fels, hoben Adern aus Gold und Silber, und schmiedeten Waffen, deren Qualität bis heute unerreicht ist.
Erst mit dem Auftauchen der Aen Seidhe, der Elfen, wurden die Zwerge aus vielen ihrer Stammlande in die entlegeneren Hochgebirge gedrängt. Den fruchtbaren Niederungen beraubt, verteidigten sie fortan die Bergpässe und bauten unterirdische Hallen, in denen das Echo ihrer Hämmer Jahrhunderte lang nicht verstummte.
Trotz dieser Rückschläge florierten sie. Ihre Ausdauer, ihr handwerkliches Genie und ihre robuste Anpassungsfähigkeit sicherten ihnen über Jahrtausende hinweg einen festen Platz in der Geschichte des Kontinents.
Erscheinung und Wesen
Zwerge sind klein, aber kräftig gebaut, mit tiefem Brustkorb, muskulösen Armen und breiten Schultern. Ihre Gesichter sind markant, meist von buschigen Bärten geprägt, die mit wachsendem Alter immer stattlicher werden – ein Zwerg gilt als volljährig, sobald sein Bart den Bauch berührt, was üblicherweise um das fünfzigste Lebensjahr geschieht.
Sie sind bekannt für ihre Sturheit, Zielstrebigkeit und eine oft als derb empfundene, aber stets ehrliche Direktheit. Im Gegensatz zu den eleganten, oft entrückten Elfen, sind Zwerge bodenständig, praxisnah und humorvoll, auch wenn der Witz manchmal auf Kosten anderer geht.
Gesellschaft und Kultur
Zwergische Gesellschaften sind größtenteils clanbasiert, mit strengen Ehrenkodizes und klarer Hierarchie. Jeder Clan besitzt seine eigenen Zeichen, Traditionen und Meisterwerke, auf die er stolz ist. Die Zwerge legen großen Wert auf Handwerk, Ehre, und Verlässlichkeit. Ein gegebener Handschlag zählt mehr als ein königliches Siegel.
Obwohl viele Clans einst abgeschieden in Gebirgen lebten, hat sich die Mehrheit der heutigen Zwerge längst in die großen Städte der Menschen integriert. Sie betreiben dort:
- Schmieden, Goldschmiedekunst, Brauereien
- Bankwesen und Kreditinstitute
- Waffenhandel, Mechanik und Bergbaugesellschaften
Ihr Geschäftssinn ist legendär, ihre Verträge wasserdicht. Doch auch als Söldner genießen sie hohes Ansehen – klein an Wuchs, groß im Preis, aber jeden Heller wert.
Politischer und gesellschaftlicher Stand
Im Vergleich zu den Elfen genießen die Zwerge unter den Menschen einen höheren Grad an Akzeptanz. Dies liegt teils an ihrer Bereitschaft zur Integration, teils an ihrem wirtschaftlichen Einfluss. Die Tatsache, dass sie selbst Jahrhunderte unter elfischer Dominanz überstanden und dennoch überlebten – ja wuchsen – macht sie zu zähen, strategischen Überlebenskünstlern.
Zwar gelten sie mancherorts noch als Anderlinge, doch ihr Ruf als zuverlässige Arbeiter, präzise Handwerker und tüchtige Kämpfer verschafft ihnen vielerorts bürgerliche Rechte, Eigentum und Einfluss – wenn auch nicht immer Gleichstellung.
Magie und Übernatürliches
Zwerge sind von Natur aus wenig magiebegabt und begegnen Zauberei oft mit Skepsis oder gar Spott. Sie vertrauen lieber auf Schmiedehammer als Zauberstab, auf Mechanik statt Magie. Dennoch ist ihre Kunst, besonders im Waffenschmieden und Runenritzen, so meisterhaft, dass manche Werke fast magische Eigenschaften zu besitzen scheinen.
Bemerkung des Chronisten
„Es gibt keine ruhigere Stunde in der Taverne als die, in der ein Zwerg zu trinken beginnt – und keine lautere, sobald er fertig ist. Mit flammenden Bärten, gewaltigen Stimmen und einer unbeugsamen Loyalität zu ihresgleichen stellen die Zerran ein Volk dar, das man sich besser zum Freund als zum Feind wählt. Man mag über ihre Grobheit die Nase rümpfen, doch am Ende sind sie es, die den Nagel wirklich auf den Kopf treffen – meist mit einem Kriegshammer.“
– Magister Varell, Randnotiz auf einer Gasthausrechnung in Mahakam
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